Liebe Community! Liebe Freund*innen! Liebe Unterstützer*innen!
Mein Name ist Wolfgang Schneider. Ich bin Mitglied des Vorstands der QBeKA. Ganz im Sinne des Mottos des 40-jährigen CSD Karlsruhe „We are here – always queer!“ möchte ich ein wenig über die Geschichte unseres Vereins, sein Umfeld vor 40 Jahren, und den Weg zu dem was er heute ist, sprechen. Und ich darf guten Gewissens sagen: die Geschichte der QBeKA ist unmittelbar mit der Geschichte des CSD Karlsruhe verknüpft.
Eines noch vorneweg: Was ich im Folgenden erzähle, betont vielleicht etwas eine vermeintlich schwule Sicht auf die Ereignisse. Dies soll nicht als Unterschlagung von etwas verstanden werden. Generell möchte ich hier auch keinen Geschichtsvortrag mit Anspruch auf Vollständigkeit halten. Vielmehr liefere ich einen Abriss aus der Perspektive unseres Vereins. Gerne darf dies aus anderen Perspektiven ergänzt werden. Vielleicht am selben Platz im nächsten Jahr?
Nun aber zum Thema! Gehen wir zunächst noch ein bisschen weiter zurück…
In den 1970ern entwickelte sich auch in Karlsruhe eine, wie wir heute sagen würden, „queere Subkultur“ in Form verschiedener Gruppen. Namen aus dieser Zeit waren
um nur ein paar zu nennen.
Es war eine politisch turbulente Zeit, nicht zuletzt aus der 68er Bewegung kommend. Nicht alle Gruppen waren politisch auf einer Linie. Es gab harte linke und eher gemäßigte Gruppen. Eines gemeinsam hatten sie aber: Den Kampf für die Rechte und Freiheit unterdrückter Minderheiten, im Speziellen queerer Minderheiten.
Anfang der 1980er gründete sich die Initiative Schwule Aktion Südwest mit dem Ziel jährlich in einer anderen Stadt im Südwesten Deutschlands einen CSD durchzuführen. Im Rahmen dieser nennen wir es mal „Wander-CSDs“ fand 1984 bekanntlich der erste CSD in Karlsruhe statt.
Zu dieser Zeit waren die Karlsruher queeren Gruppen jedoch eher klein und zersplittert. Es entstand daher der Wunsch für die Organisation und Durchführung des CSD eine stabile Basis zu schaffen. Auf Initiative der schwulen Gruppe Warmer Blitz taten sich am 12. April 1984 Aktive aus verschiedenen Gruppen zusammen und gründeten den Verein Schwule Eintracht Karlsruhe e.V., was gerne auch provokant als SchwEin abgekürzt wurde.
Allgemein waren die 1980er in Deutschland quasi eine „queere Gründerzeit“, auch wenn der Begriff queer so damals nicht verwendet wurde. Es gab einen Aufschwung an Aktivismus. In Karlsruhe entstand
Die Serie von Gründungen lesbisch-schwuler oder queerer Organisationen und Gruppen setzte sich mindestens bis Mitte der 1990er fort:
Sicher ist auch das keine vollständige Aufzählung.
Aber zurück zur Schwulen Eintracht!
Die Schwule Eintracht organisierte den CSD 1984 und im nächsten Jahr wanderte er weiter in eine andere Stadt, um erst 1990 mit der Schwulen Aktion Südwest noch einmal nach Karlsruhe zurück zu kehren. Daran war die Schwule Eintracht allerdings nicht beteiligt. Das war aber selbstverständlich nicht das Ende des Vereins. Im Gegenteil: es zeigte sich, dass mit vereinten Kräften Gutes entstehen kann. So blieben die Gründungsmitglieder über den CSD hinaus aktiv und bauten das auf, was seit nun 40 Jahren fortgeführt wird: einen aktiven Verein mit einem vielfältigem Angebot für queere Menschen. Der 12. April 1984 und die Gründung der Schwulen Eintracht ist damit der Beginn von dem, was wir heute als QBeKA kennen.
Schon früh konnte die Schwule Eintracht Räume im Gewerbehof in der Steinstraße nutzen. Zu Beginn bis Anfang der 2000er waren wir Untermieter der Kindertagesstätte. Seit Mitte der 2000er sind wir Untermieter bei Entropia. Die Räumlichkeiten boten die Möglichkeit zur Schaffung eigener Angebote. Zu den ältesten bis heute aufrecht erhaltenen Angeboten gehören
Bis vor ein paar Jahren noch aktiv aufrecht erhalten wurde auch das Angebot Rosa Telefon aus der frühen Zeit des Vereins, das wir aufgrund des wohl nicht mehr vorhandenen Bedarfs für ein Rat und Hilfe Telefon mittlerweile eingestellt haben.
Basierend auf seiner Gründungsgeschichte, dem Zusammenschluss kleinerer schwuler Gruppen zu einem Verein, und mit der dann vorhandenen Infrastruktur hat unser Verein auch von Anfang an die Schaffung neuer Angebote unterstützt und ermöglicht. Ältere Beispiele, die bis heute existieren sind
Neuere Beispiele sind
Neben diesen regelmäßigen Gruppenangeboten entstand im Verein schon bald auch die Initiative verschiedene Freizeitangebote zu organisieren. Dazu gehörten und gehören Dinge wie
Als älteste noch heute stattfindende solche Veranstaltung dürfen wir aber das Regenbogenfrühstück im Schlossgarten nennen! Schon zum CSD 1984 lud die Schwule Eintracht zu einem Picknick im Schlossgarten ein. Diese Tradition halten wir gerne am Leben und so ist es nur konsequent, dass wir dieses Jahr zum 40-jährigen Regenbogenfrühstück einladen. Es findet am 21. Juli ab 11 Uhr am bekannten Platz auf der Wiese am Schlossgartensee unter der alten Kastanie statt. Bitte alle in den Kalender eintragen! Vielleicht schaffen wir es ja die Zahl von 100 Leuten auf der Wiese vom letzten Jahr nochmal zu toppen!
Werbeblock Ende! :-)
Betrachten wir noch einen anderen Aspekt der Vereinsgeschichte...
Es ist ja nun sicher schon allen aufgefallen, dass wir unseren Vereinsnamen heute nicht mehr mit SchwEin abkürzen. Auf dem Weg zum heutigen Namen gab es aber noch eine Zwischenstation!
Es ergab sich, dass im Jahre 1999 einige Aktive aus der Schwulen Unigruppe SchwUng den Wunsch hatten aus der Unigruppe einen Verein zu machen. Das mag nun einigen aus der heutigen Queerbeet Hochschulgruppe bekannt vorkommen. Ja, es gab alles schon einmal.
Statt aber einen neuen Verein zu gründen entschloss man sich damals in die Schwule Eintracht einzutreten. In der Mitgliederversammlung am 16. März 1999 wurde dann eine Umbenennung der Schwulen Eintracht e.V. in Schwung – Schwule Bewegung Karlsruhe e.V. beschlossen, womit man die Abkürzung Schwung aus der Schwulen Unigruppe beibehalten hat, allerdings mit kleinem statt großem „U“ für die Nachsilbe „ung“ aus „Bewegung“.
Was aus der Schwulen Unigruppe wurde?
Es gab schon seit Kurzem ein Schwulen-Referat, das später zum Queer-Referat wurde. Parallel entstand die Queerbeet als Hochschulgruppe die in immer mal wieder neuer Besetzung bis heute existiert, und heute ist auch die Queerbeet ein Verein, der innerhalb und außerhalb des Hochschulbetriebs agiert.
Übrigens - wer unser Faltblatt kennt:
Das Faltblatt mit der queeren Szeneübersicht und den eigenen Angeboten und Veranstaltungen des Vereins haben wir bereits als Schwung - Schwule Bewegung Karlsruhe e.V. in der Tradition der Schwulen Unigruppe SchwUng halbjährlich aktualisiert herausgegeben. Wir erhalten auch dieses schöne Angebot bis heute, auch wenn es ein bisschen den Anschein hat, als drucken wir in Zeiten von QueerKA.de, dem größten queeren Online-Verzeichnis für Karlsruhe und Umgebung, das Internet aus.
Nun, wie kamen wir jetzt aber bitte zum heutigen Namen?
Im Laufe der Jahre wurde der Kreis der Aktiven und derjenigen, die unsere Angebote wahrnehmen, immer bunter. Nicht nur, dass endlich die Erkenntnis kam, ein schwul gelesener Mann ist nicht unbedingt schwul, sondern könnte auch bisexuell sein. Mit heutigen Worten würden wir sagen der Verein wurde queerer. In die Coming-Out-Gruppe kamen längst nicht mehr nur schwule cis Jungs oder Männer. Die Themen der Coming-Out-Gruppe wurden vielfältiger. Konsequenterweise haben wir die Gruppe 2018 in Queere Coming-Out-Gruppe umbenannt. Das war ganz einfach möglich, da sich der Verein trotz seines Namens schon lange nicht auf eine vermeintlich schwule Zielgruppe beschränkt hat.
Einen ersten Schritt den Verein formal zu öffnen, haben wir 2020 mit einer Satzungsänderung vollzogen. Dabei haben wir durchgehend den Begriff „Homosexuelle“ durch eine ausführliche Beschreibung der Zielgruppe und einer Version der mehr oder weniger beliebten Buchstabenkette, sowie den Begriff „queer“ ersetzt.
Es fehlte nur noch eine erneute Namensänderung!
Nach einiger Vorarbeit in einer Arbeitsgruppe zur Findung eines neuen Namens und öffentlichen Befragungen, wurde der Mitgliederversammlung am 29. August 2022 ein Namensvorschlag vorgelegt, der von der Community favorisiert wurde. In dieser Mitgliederversammlung wurde einstimmig der neue Name QBeKA Queere Bewegung Karlsruhe e.V. beschlossen, den wir heute führen. Wichtig ist uns dabei immer zu betonen, dass wir mit dem Begriff Queer im Namen niemandem eine Selbstbezeichnung vorschreiben wollen. Der Name soll einfach ausdrücken, dass alle willkommen sind und wir uns für alle einsetzen.
Jetzt aber zurück zum CSD Karlsruhe, mit dem die Geschichte der QBeKA anfing!
Unsere Verbindung zum CSD Karlsruhe endete nicht 1984.
2010 haben Gemeinderatsfraktionen in der queeren Community angefragt, ob wir nicht eine Demo durchführen wollen. Anlass war die Weigerung des damaligen Oberbürgermeisters Heinz Fenrich den Gemeinderat über einen Antrag abstimmen zu lassen. Der Antrag wollte die Öffnung des Standesamtes und der Trausäle für die Eintragung von Lebenspartnerschaften erreichen. Dies war aber nicht im Sinne des damaligen OBs. Es haben sich schnell verschiedene Gruppen zusammengetan, um dieser Anregung zu folgen. Unser Verein war daran nicht nur durch die Tatsache beteiligt, dass ich, auch damals schon als Mitglied des Vorstands den Verein vertretend, als Anmelder und Versammlungsleiter zur Verfügung stand.
Nach der Demo 2010 kam dann schnell der Wunsch auf, nun wie in anderen Städten jährlich auf die Straße zu gehen. Die Wiederbelebung des CSD in Karlsruhe stand also im Raum und schnell war ein Weg gefunden, diese umzusetzen. Als es um die Reaktivierung des inaktiven Vereins, der den CSD 1999 in Karlsruhe durchgeführt hat, ging, waren wir daher selbstverständlich ganz vorne mit dabei. Seither waren immer wieder auch Aktive aus unserem Verein in der Orga des CSD Karlsruhe engagiert und sind es bis heute.
Es freut uns daher persönlich aus erkennbar mehreren Gründen, dass die Initiative von 2010 gefruchtet hat, es nun seit 2011 einen jährlichen CSD in Karlsruhe gibt und wir dieses Jahr den 40-jährigen CSD Karlsruhe feiern können.
Vielen Dank an alle, die den Weg hier her bereitet haben, an alle ehemaligen und alle aktuellen Aktiven und damit an alle, die dafür sorgen, dass wir weiterhin für unsere Rechte auf die Straße gehen und uns nicht klein kriegen lassen!
Impressum: QBeKA Queere Bewegung Karlsruhe e.V., Steinstraße 23, 76133 Karlsruhe